Eine Begegnung mit einem der wahrscheinlich kundigsten Lawinenexperten und Arlbergkenner der Gegenwart – auch wenn er das nicht gerne hört.
Josef Mallaun, Fotograf und Skiführer
Eine Begegnung mit einem der wahrscheinlich kundigsten Lawinenexperten und Arlbergkenner der Gegenwart – auch wenn er das nicht gerne hört.
Josef Mallaun, Fotograf und Skiführer
Aus dem Arlberg Magazin, #1 – Winter 2013/14.
Ein demütiger und dankbarer Mann, der auch nach 35 Jahren Berufserfahrung sich seine Neugier und den Respekt vor der Natur bewahrt hat „...und als passionierter Bergler einfach gerne draußen ist”, wie er sagt. Dabei war dieser Weg nicht von Anfang an so abzusehen, denn erst ein ärztlicher Rat brachte den gelernten Zimmermann und begabten Hobby-Skifahrer in die Spur und durch Glück und Zufall in die Skiakademie nach St.Christoph. Dort absolvierte er zuerst den gesamten Bogen der Ausbildung, um später selber Ausbilder und Prüfer zu werden. Im Zuge dessen erweiterte er auf anraten des legendären Prof. Hoppichler seine Tätigkeit und begann Vorträge über Lawinenkunde zu halten, die er mit selbst geschossenen Fotos von Lawinenanrissen, Schneekristallen und dergleichen untermauerte. Da er dabei immer wieder auch seine Kollegen ablichtete die ihn bei seinen Erkundungen begleiteten, war es nur eine Frage der Zeit, bis über seinen Mentor und Förderer Prof. Hoppichler, die Skiindustrie- und die Tourismusbranche auf sein Talent aufmerksam wurde.
Heute, nach Jahrzehnten erfolgreicher Auftragsarbeiten für namhafte Firmen aus dem Wintersportbereich und für Tourismusverbände, produziert der Sepp vorwiegend auf Eigeninitiative und sucht und findet dennoch ausreichend Abnehmer für seine Bilder – oder gerade deshalb. Diese Arbeitsweise ohne Druck ermöglicht es ihm sein ganzes Augenmerk darauf zu richten was eigentlich seine große Leidenschaft ist, die Lawinenkunde und die Sicherheit am Berg. In der Konstellation mit den besten Schilehrern, Freerider und Alpinsportler, bilden wir ein Team, das an Fachwissen und alpiner Erfahrung auf sehr hohem Niveau arbeitet – immer nach der Strategie: Reduktion der Gefahr.”
„Lawinenkunde ist etwas derart komplexes und kompliziertes von dem wir noch sehr wenig wissen. Wir können die Gefahr reduzieren, aber zu wissen wie was funktioniert, davon sind wir noch sehr weit weg. Ich beschäftige mich mit der Munter-Methode, mit Stop-or-go, der GRM-Methode aus der Schweiz oder der von Mike Wiegele entwickelten 5-Step-Checklist. Aber all diese Methoden können erst Eines - lernen aus unzähligen Unfällen und daraus vorausschauend prognostizieren wo es wann besonders gefährlich sein könnte. Aber letztlich, wenn wir draußen sind und einen Hang befahren, ist es eine Ja-Nein-Entscheidung bei der ich mich neben aller Erfahrung und Vorsicht auch auf mein Gefühl verlassen muss. Und dennoch bleibt immer ein Restrisiko. Deshalb muss man in der Lage sein NEIN zu sagen – auch wenn das Licht großartig, der Schnee super und alles mega ist. Das muss man können wenn man draußen überleben will.”
Die Planung seiner Fotoshootings beginnt für den Sepp aber schon zu Winterbeginn. Denn nur wenn man den Verlauf des Winters erlebt und stets seine Fühler im Schnee hat, kann man einigermaßen verlässliche Prognosen zu Schneedecke und zur Gesamtsituation machen. Zum Standard jeder Vorbereitung gehört natürlich das tägliche Studium des Lawinenlageberichtes und dessen richtige Interpretation. „Man muss diese Informationen aber auch in der Natur lesen können, und dazu reicht es nicht aus, sich viel in der Natur aufzuhalten und ein guter Skifahrer zu sein. Man muss sich mit der Materie intensiv beschäftigen – ständig.” Dazu noch die richtige Ausrüstung, der gebotene Respekt und die Kunst, die Location der Situation unter zu ordnen, „dann hat man ganz gute Karten, dass nichts passiert. Denn je genauer der Mensch plant, umso härter trifft ihn der Zufall” schiebt er noch hinterher, und zitiert einen seiner Lieblingssprüche frei nach Friedrich Dürrenmatt. Und dann offenbart der Sepp, der auch Mitglied der örtlichen Lawinenkommission ist, noch einen Sonderstatus seines Arlbergs. „Durch das ständige befahren des Off-Piste-Geländes, meist schon während es noch schneit, werden die sonst latenten Scherspannungen in der Schneedecke um ein Vielfaches reduziert. Dies ist wohl der Hauptgrund weshalb in Relation zur Häufigkeit des Befahrens die Lawinenunfällen gerade am Arlberg sehr gering sind.” Irgendwie kann man sich nach einer Stunde mit dem Sepp Mallaun des Gedankens nicht erwehren, dass hier ein Lawinenkundler seine Passion mittels Fotografie finanziert. Dafür, dass er quasi erst in zweiter Linie fotografiert, sind seine Bilder um so beeindruckender.